Was uns und unseren Pflegekindern helfen würde.

Eine Pflegemutter mit mehreren Pflegekindern hat im Rückblick auf ihre langjährige Erfahrung einige Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen:

Defizitorientierung

Zwar steht immer Prophylaxe drüber und „positive Formulierung von Zielen“, was aber in der Realität geschieht, ist in aller Regel eine Defizitorientierung. Bei den jährlichen Hilfekonferenzen und Hilfeplänen ist ohne deutliche Benennung der kindlichen Defizite keine ambulante Hilfe neben der Pflegestelle, ein erweiterter Förderbedarf oder Verlängerung über die Volljährigkeit hinaus zu bekommen. Besonders für die anwesenden Kinder ist das kränkend und zutiefst irritierend- sagt man ihnen doch sonst immer, wie toll sie sich entwickelt haben. Zugang zu Hilfen muss regelhaft möglich sein, ohne in Defizitorientierung zu baden. Von einem Bedarf dieser Personengruppe, bei denen es sich per se um Überlebende handelt, kann immer ausgegangen werden.

Beratung der Herkunftsfamilie

Im Sinne der nachfolgenden Generation (weitere Kinder der Herkunftsfamilie) sowie aus Gründen des besseren Gelingens von Pflegestellen muss die Jugendhilfe beginnen, sich auch um die „verlassene“ Herkunftsfamilie Gedanken zu machen, Beratung für diese zu installieren und anzubieten. Man stelle sich das „leere Nest“ nach der Inpflegegabe des Kindes vor: Die Familienhelfer kommen nicht mehr, man braucht nicht mehr zum Kinderarzt, zur Kita, das Jugendamt meldet sich nicht mehr. Keiner will mehr etwas von einem. Das stellt möglicherweise zunächst eine Entlastung da, lässt die Herkunftsfamilie aber mit rudimentärem Beziehungsnetz und einsam zurück. In diese Lücke fließen Impulse, in die neue Pflegefamilie störend hineinzuwirken oder, wirksamer noch, ein weiteres Kind zu bekommen (für das man dann auch nicht besser sorgen kann). Das holt das verlorene Helfersystem wieder auf den Plan: Hilfekonferenzen, begleitete Umgänge, Gerichtstermine und so weiter. Besser wäre es, Herkunftsfamilien, die offen dafür sind, eine Beratung anzubieten, in der ihnen geholfen wird, mit der Trauer über den Verlust des Kindes fertig zu werden und neue Lebensinhalte zu entwickeln. Das muss ihnen schon im Trennungsprozess angeboten werden. Denn so viel Initiative, sich in dieser Situation selbst eine Beratungsstelle zu suchen (was ja möglich wäre) ist von diesem Personenkreis in dieser Krisensituation nicht zu erwarten. Im Übrigen würde es die Kinder ganz kolossal entlasten, wenn sie wüssten: „Meiner leiblichen Mama geht es auch wieder gut. “

Ungeplante Beendigung eines Pflegeverhältnisses

M.E. sollte Pflegeeltern bei einem Abbruch der Hilfe, z.B. während der Pubertät, das Pflegegeld noch eine zeitlang weiter gezahlt werden. Ich denke hier an etwa 3 Monate. Man hat seine Arbeitszeit reduziert, man hat wegen der Kinder eine größere Wohnung gemietet – so schnell kommt man aus diesen Verträgen und Vereinbarungen ja gar nicht raus. Mal ganz abgesehen von der enormen emotionalen Belastung in dieser Zeit. Aber taggenau mit der Entscheidung, dass es kein Zurück in die Pflegefamilie gibt, ist das Pflegegeld gestrichen und das finanzielle Konzept der Pflegefamilie über den Haufen geworfen. In der stationären Jugendhilfe (Einrichtungen, Heime) wird der Platz schnell wieder neu belegt, so dass keine finanziellen Einbußen geschehen. Aber Pflegefamilien sollen das aus eigenen Mitteln stemmen! Das ist grausam gegenüber den betroffenen Pflegefamilien.

Autorin: Sonja Kaba