Was dürfen Pflegeeltern für ihr Pflegekind entscheiden?

Das Sorgerecht für ein Pflegekind kann bei den Eltern des Kindes liegen, oder auf einen Vormund übertragen worden sein.

Wenn ein Kind nicht bei seinem Sorgeberechtigten lebt, sondern in einer Pflegefamilie, dann müssen die Pflegeeltern wissen, was sie denn für das Kind entscheiden dürfen: Der Sorgeberechtigte ist zuständig für die Grundentscheidungen, die Pflegeeltern können alle Entscheidungen des Alltags fällen, sie haben die Alltagssorge für ihr Pflegekind. Wäre dies nicht so, würde eine Einbindung des Kindes in eine Familie und eine Erziehung des Kindes gar nicht möglich sein.

Was sind Grundentscheidungen?

Grundentscheidungen sind die Sorgerechtsentscheidungen, die für die Zukunft des Kindes von maßgeblicher Bedeutung sind – z.B.:

  • Aufenthaltsbestimmung – wo lebt das Kind
  • gesundheitliche Entscheidungen
  • Entscheidungen zu Kita, Schule, Ausbildung
  • Antragstellung auf öffentliche Hilfen
  • religiöse Erziehung

Was sind Angelegenheiten des täglichen Lebens (Alltagssorge)

Alltagssorge umfasst den Bereich des Lebens, der in der Familie immer wieder vorkommt und sich wiederholt. Im Rahmen der Grundentscheidungen des Sorgeberechtigten haben die Pflegeeltern im alltäglichen Ablauf immer wiederkehrende Handlungen und Entscheidungen selbst zu bestimmen. Diese Entscheidungsbefugnisse der Pflegeeltern (Alltagssorge) ist im § 1688 BGB geregelt.

Die Pflegeeltern sind berechtigt, den Sorgeberechtigten in den Angelegenheiten des täglichen Lebens zu vertreten und selbst in diesen Angelegenheiten zu entscheiden. Der Sorgeberechtigte kann diese Alltagssorge einschränken oder ausschließen und etwas anderes erklären. In der Praxis ist es jedoch üblich, dass die Sorgeberechtigten vom Jugendamt über die rechtliche Situation informiert werden und dass darauf hingewiesen wird, dass bei einer dauerhaften Unterbringung die Alltagssorge für die Pflegeeltern notwendig ist. Das Jugendamt lässt sich nach dieser Erläuterung eine Zustimmung des § 1688 durch die Sorgeberechtigten unterschreiben, aus der hervorgeht, dass der Sorgeberechtigte mit der Übertragung der Alltagssorge auf die Pflegeeltern einverstanden ist (Siehe Seite 41).

Einige Sorgerechtsentscheidungen sind deutlich nur Angelegenheiten des täglichen Lebens z.B.:

  • Alltägliche Erziehung des Kindes,
  • Freizeitgestaltung,
  • Taschengeld,
  • Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens (z.B. können Pflegeeltern das Kind einkaufen schicken).

Die meisten Sorgerechtsentscheidungen beinhalten jedoch sowohl die durch den Sorgeberechtigten zu leistenden Grundentscheidungen als auch die durch die Pflegeeltern zu leistende Alltagssorge.

An zwei Bereichen des Sorgerechtes wird nachfolgend die Aufteilung von Grundentscheidungen und Alltagssorge einmal beispielhaft dargestellt:

Aufenthaltsbestimmung:

Sorgeberechtigter: (Grundentscheidung)

  • generelle Bestimmung des Aufenthaltes in der Pflegefamilie,
  • Wechsel des Mündels in Fördereinrichtungen, Förderschule, Internate,
  • Zustimmung bei ambulanten und stationären Hilfen zur Erziehung,
  • An – und Abmeldung,
  • Rückführung in die Ursprungsfamilie.

Pflegeeltern: (Alltagssorge)

  • Besuche bei Freunden, Verwandten,
  • Urlaub, Klassenfahrten.

Gesundheitsfürsorge

Sorgeberechtigter: (Grundentscheidung)

  • Im Grunde alle Entscheidungen, die einen Eingriff in den Körper verlangen
  • Einwilligung in medizinische Eingriffe nach Aufklärung der medizinischen Risiken,
  • Zustimmung zum Drogentest,
  • Zustimmung zum Aidstest,
  • Zustimmung zu Impfungen
  • Zustimmung zur Blutentnahme, die nicht im Rahmen routinemäßiger ärztlicher Untersuchungen durchgeführt werden,
  • Zustimmung zu kosmetischen Eingriffen – Piercing, Tattoos (Einbringen einer ärztlichen Unbedenklichkeitserklärung durch den Jugendlichen),
  • Überwachung der Vorsorgeuntersuchungen und des Impfschutzes,
  • Zustimmung zu Therapien / Diagnostik.

Pflegeeltern: (Alltagssorge)

  • Inanspruchnahme von Hausarzt und Fachärzten,
  • Ausführungen der ärztlichen Anweisungen,
  • Anforderungen von Attesten,
  • Teilnahme an Eltern-Kind-Kuren,
  • Begleitung zu Therapien,
  • Begleitung ins Krankenhaus,
  • a..

Einige Angelegenheiten können sowohl vom Sorgeberechtigten als auch von den Pflegeeltern beantragt werden z.B. Beantragung medizinischer Leistungen: Kuren, Pflegegeldleistungen bei Krankenkassen.

WICHTIG für Pflegeeltern

Unterschreiben Sie keine Dinge, die Sie in Haftung bringen, oder für die Sie haftbar gemacht werden könnten. Es könnten nach einer Entscheidung Operationsschäden oder Impfschäden entstehen. Sie sollten wirklich keine Operationseinwilligungen unterschreiben – dies kann gefährlich werden – auch wenn es manchmal einfacher ist und die Ärzte evtl. nicht erkennen können, dass Ihr Kind ein Pflegekind ist, weil es nach einer Namensänderung Ihren Namen trägt.

Wenn Ihr Pflegekind lebensgefährlich verletzt ist, dann kann ein Arzt ohne ihre Zustimmung natürlich eingreifen ( bei Gefahr im Verzuge).