Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe

Mitreden – Mitgestalten ein Beitrag der Pflegefamilienverbände

Die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe sollte in der letzten Legislaturperiode im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) ihren Abschluss finden. Dieses Gesetz ist bisher nicht in Kraft getreten. Im Koalitionsvertrag steht, dass die Kinder- und Jugendhilfe auf der Basis dieses Gesetzes weiterentwickelt werden soll. Das aus der Perspektive der Pflegekinderhilfe bedeutsame Thema ist die Sicherung der Kindesinteressen bei Fremdunterbringung. Was bedeutet dies?

1) ein Recht auf Familie haben auch behinderte Kinder

Für alle behinderten Kinder sind entsprechende Angebote der Fremdunterbringung in Familien bedarfsgerecht auszugestalten. Dazu gehören außer den behinderungsspezifischen Bedarfen des Kindes auch Entlastungs-, Fortbildungs-, Beratungs- und andere Unterstützungsbedarfe der Pfle-geeltern. Für Kinder mit besonderem Bedarf im Bereich der Gesundheitsfürsorge sind diese sowie das Recht Anträge zu stellen dringend an die Pflegeeltern zu übertragen. Wenn die Eingliede-rungshilfe Kostenträger ist, müssen die Ausführungsbestimmungen im SGB IX und XII den Rege-lungen aus dem SGB VIII §§ 36 bis 39 entsprechen. Die Zusammenarbeit der Ministerien und das Zusammenführen der Eingliederungshilfe und der Jugendhilfe sind unverzichtbar, um eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe herbei zu führen.

2) Vorbereitung und Unterstützung der Pflegeeltern

Eine gute Vorbereitung und Unterstützung der Pflegefamilien braucht qualifizierte Fachkräfte, die ausreichende zeitliche Ressourcen haben. Die Unterstützung der Pflegeeltern, einschließlich Entlastungsangebote und Fortbildung, sind nach Bedarf zu finanzieren. Pflegefamilien agieren in einem Bereich unterschiedlicher Erwartungen. Daher sind Beratung und Supervision den Pflegeeltern anzubieten. Dafür gilt das Wunsch und Wahlrecht.

3) Umgang zum Wohl des Kindes

Pflegekinder haben ein Recht aber nicht die Pflicht auf Kontakt/Umgang mit ihren leiblichen Eltern. Die Anerkennung der Kinderrechte bei der Umgangsthematik bedeutet zwingend, dass dieAussage des Kindes respektiert wird. Umgänge gegen den Willen und das Wohl des Kindes dürfen nicht durchgeführt werden.

4) Elternberatung

Kindesinteressen als Richtschnur bedeutet eine wertschätzende sozialpädagogische Arbeit mit den leiblichen Eltern. Elternverantwortung heißt Sensibilisierung für die Entwicklungsbedürfnisse des Kindes. Sie haben nicht mehr die Aufgabe, den Alltag mit dem Kind zu gestalten. Sie müssen akzeptieren, dass ihre Kinder andere Bindungen eingehen und brauchen dabei Unterstützung.

5) Lebenswirklichkeit der Pflegekinder

Pflegekinder, die schon länger in ihrer Pflegefamilie leben und sich gebunden haben, brauchen die familienrechtliche Anerkennung ihres Lebensortes. In dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November ist im Artikel 12 explizit die Berücksichtigung des Kindeswillens ausbuchstabiert. Das betrifft insbesondere familiengerichtliche Entscheidungen zum Lebensort des Kindes.

6) Hilfeplanung als wirkliche Beteiligung

Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Hilfeplanung, halten wir für zwingend erforderlich. Sie bedeutet nicht notwendigerweise die Anwesenheit des Kindes beim Hilfeplangespräch, sondern die Wahrnehmung seiner Interessen und Bedürfnisse. Dies hat in einer für das Kind angemessenen und verständlichen Form zu erfolgen. Die schriftliche Dokumentation des Hilfeplangespräches und der Hilfeplan als Verwaltungsakt sind den Betroffenen, einschließlich den Pflegeeltern zeitnah zur Verfügung zu stellen. Im Hilfeplan ist der Zusammenhang von Hilfebedarf und den Bedingungen der Hilfe deutlich erkennbar darzulegen.

7) Kostenbeteiligung junger Menschen

Pflegekinder müssen mit 75 % ihres Einkommens die Jugendhilfe finanzieren. Das ist nicht im Sinne der Hilfegewährung. Die im KJSG angedachte Regelung der Absenkung der Kostenbeteiligung auf 50% sowie einen Freibetrag von 150 € muss schnellstmöglich geltendes Recht werden.

8) Soziale Absicherung von Pflegefamilien

Pflegefamilien werden in vielen Kommunen händeringend gesucht. Die soziale Absicherung von Pflegefamilien hat viele große Löcher. Für kleine Kinder ist, analog zum Elterngeld, ein angemessener Beitrag aus der Jugendhilfe zu finanzieren. Die momentane Regelung zur Alterssicherung reicht nicht aus. Es muss gewährleistet sein, dass Pflegeeltern nicht in Altersarmut rutschen, weil sie Pflegekinder aufgenommen haben und deshalb ihre Berufstätigkeit ganz oder teilweise aufgegeben haben.

9) Schadensregulierung

Die Haftpflichtversicherungen greifen bei Schäden die Pflegekinder im Haushalt der Pflegeeltern verursachen meistens nicht. Haftpflicht ist stets an Deliktfähigkeit geknüpft. Diese ist im BGB geregelt. Zwingend zu klären ist, wie Schäden reguliert werden, die Pflegekinder im Haushalt der Pflegefamilie anrichten.

Ansprechpartner:

PFAD Bundesverband e.V.: Dagmar Trautner, info@pfad-bv.de;
Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V.: Kerstin Held, info@bbpflegekinder.de
AGENDAPflegefamilien: Sprecherin Renate Schusch; info@agendapflegefamilien.de

Oktober 2018, PFAD, BbP, AGENDAPflegefamilien