Besuchskontakte unterscheiden sich je nach Zielsetzung der Unterbringung
- geplante Rückführung
Die Umgangsregelung hat sich an der Grundentscheidung über die Unterbringung zu orientieren. Soll das Kind nur eine kürzere Zeitspanne in der Pflegefamilie bleiben und dann wieder zur stabilisierten, vom Kind positiv empfundenen Herkunftsfamilie zurückkehren, dann ist es notwendig, dass die Bindungen des Kindes an diese Herkunftsfamilie erhalten bleiben. Anzahl und Dauer der Kontakte müssen sich diesem Ziel unterordnen und von allen Beteiligten gemeinsam gewollt werden.
- Unterbringung in einer Bereitschaftspflegestelle / Familiäre Bereitschaftsbetreuung
Die Bereitschaftspflege dient der Entscheidungsfindung über die zukünftige Unterbringung des Kindes. Wird es wieder bei seiner Familie leben, in eine Pflegefamilie oder Heimeinrichtung gehen? Auch in der Bereitschaftspflege gelten die gleichen Voraussetzungen wie unter Punkt 1 genannt. Hier haben die Pflegeeltern jedoch den Auftrag, Reaktionen des Kindes auf die Besuchskontakte zu beobachten und als Puzzlestück in die Entscheidung über die Unterbringung mit einzubringen.
- Unterbringung in einer Dauerpflegestelle mit Langzeitperspektive
Wenn ein Kind dauerhaft untergebracht wird, dann ist es für das Kind notwendig, dass die Pflegeeltern die Rolle verlässlicher Eltern übernehmen und ausfüllen können. Priorität besteht also darin, dem Kind volle Integration in die Pflegefamilie / Erziehungsstelle zu ermöglichen. Alles andere hat sich dieser Priorität unter zu ordnen, auch die Besuchskontakte.
So kann es das Wohl des Kindes erfordern, dass Besuchskontakte (zeitweise) eingeschränkt oder ausgesetzt werden, um dem Kind den Schritt in die neue Familie überhaupt zu ermöglichen.
Für traumatisierte Kinder können Besuchskontakte zu ihrer Herkunftsfamilie mit einer Gefährdung und Bedrohung verbunden sein und die Gefahr einer Re-Traumatisierung heraufbeschwören. Die Entscheidungen möglicher Besuchskontakte für traumatisierte Kinder sind daher besonders sorgfältig zu fällen.
Was müssen Pflegeeltern mittragen bzw. unterstützen?
Pflegeeltern müssen sich den gesetzlichen Rahmenbedingungen verpflichtet fühlen Diese besagen, dass das Kind ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat, dass die Eltern zum Umgang verpflichtet und berechtigt sind und dass eine Umgangsregelung nur hinterfragt werden kann, wenn das Wohl des Kindes dies erfordert.
Im Grunde herein sollte das Kind also sein Recht auf Umgang wahrnehmen können. Dieses Recht darf jedoch für das Kind nicht zum Unrecht, auch nicht zur Pflicht und erst recht nicht zur Gefährdung oder Schädigung führen.
Für Pflegeeltern bedeutet dies ein JA – ABER, ein grundsätzliches JA mit dem ABER der Auswirkungen von Kontakten auf das Kind.
Können Pflegeeltern Besuchskontakte ablehnen?
Pflegeeltern können nur dann Besuchskontakte ablehnen, wenn dies das Wohl des Kindes erfordert oder die Kontakte das Wohl des Kindes erheblich gefährden. Pflegeeltern können die Kontakte nicht deswegen ablehnen, weil sie diese vom Prinzip her für unsinnig oder schädlich halten. Kontakte sind nur aus der Sicht des Kindes her zu hinterfragen.
An der Vorgeschichte, der Entwicklung und den Bedürfnissen des Kindes ist zu prüfen und zu entscheiden, ob Kontakte des Kindes zu den Herkunftseltern für das Kind – überhaupt oder noch – sinnvoll und seinem Wohle gemäß sind.
Pflegeeltern können sich dann gegen Besuchskontakte aussprechen, wenn sie diese Kontakte mit Blick auf das Kind nicht oder nicht mehr verantworten können.
Die Kompetenz der Pflegeeltern zur Beurteilung der Sinnhaftigkeit von Kontakten liegt darin, dass sie den Alltag mit dem Kind erleben und sein Wesen und seine Reaktionen hautnah erfahren.
Wenn Pflegeeltern glauben, Kontakte nicht oder nicht mehr zulassen zu können, weil diese das Kind zu sehr belasten, dann ist es absolut hilfreich, sich Helfer an die Seite zu holen, die das Kind ebenfalls gut kennen und es einschätzen können. Solche Helfer können sein: Kindergärtnerin, Lehrerin, Kinderarzt, Kindertherapeutin, Sozialarbeiterin u.ä.Diese Personen erleben das Kind ebenfalls oder können es in seinen Reaktionen einschätzen. Das Gespräch mit ihnen gibt den Pflegeeltern die Möglichkeit, einerseits ihre eigene Haltung noch einmal zu überprüfen und zu vergleichen und andererseits Stütze und Hilfe zu finden.
Das Kind braucht und erwartet den Schutz seiner (Pflege)Eltern. Es ist darauf angewiesen, dass die Pflegeeltern den Mut aufbringen, es auch schützen zu wollen, wenn sie dies für notwendig halten.
Pflegeeltern sollten sich umgehend mit ihrem Jugendamt in Verbindung setzen, wenn sie eine Gefährdung des Kindes sehen. Wenn alles zu lange dauert, dann kann es auch notwendig sein, dass die Pflegeeltern sich unmittelbar an das Familiengericht wenden und beantragen, dass Kind nicht zum Umgang herausgeben zu müssen. Das Gericht kann dann – je nach Schwere der Situation – eine einstweilige Anordnung erlassen.
Hilfen für die Pflegeeltern
Pflegeeltern fühlen sich in solchen Situationen immer sehr belastet und zwischen allen Stühlen sitzend. Hier ist es wichtig, dass die Pflegeeltern sich selbst Helfer an ihre Seite holen, die sie stärken und unterstützen.
Natürlich wäre hier der erste Ansprechpartner die/der betreuende SozialarbeiterIn. Wenn hier Einigkeit erzielt wird, dann haben die Pflegeeltern schon ein ganzes Stück geschafft. Wenn dies aber nicht so ist wird es härter. Wenn darüber hinaus dann auch noch ein Gerichtsverfahren ansteht oder die Herkunftsfamilie einen Anwalt beauftragt, dann weht der Wind schärfer.
Es ist wirklich notwendig, dass die Pflegeeltern sich ein Netzwerk schaffen, in dem sie sich aufgefangen fühlen. Das kann natürlich einerseits die erweiterte eigene Familie sein, dass können aber auch andere Pflegefamilien sein. Treffen mit Pflegeeltern, Informationen und Beratung durch die Pflegeelternverbände, engagierte Fachkräfte, Psychologen und Juristen helfen, sich gestärkt und nicht ausgeliefert zu fühlen.
„Wer sonst“ sagte einmal eine Pflegemutter „wer sonst wenn nicht wir, müssen für diese Kinder kämpfen. Wir haben sie zu uns genommen, wir sagen ihnen, dass wir sie lieben – nun müssen wir ihnen auch zeigen, dass wir’s ernst meinen“.